POP UND
RELIGION
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"Wo sind wir; wenn wir Musik hören?"
Küsnacht: Pfarrer Andrea Marco Bianca und seine Mitstreiter wollen
mit dem Church Air auf unaufdringliche und unterhaitende Art für
Toleranz werben. Das soll mit den Mitteln von heute über zeitgemässe
sogenannte Popmusik erfolgen. Die Texte dieser popuiären Musik
konfrontieren die Hörer immer wieder mit religiösen Grundgedanken
sprechen von Liebe Gerechtigkeit und Toleranz auf unterhaltende
Art und ohne auf den grossen Moralfinger im Hintergrund zu weisen.
Wo sind wir, wenn wir Popmusik hören? An einem Ort zwischen Welt
und Weltlosigkeit, in einem kleinen Universum mythen- und klängeproduzierender
Kreativität. Eine Musik, die tonale, manchmal idyllische Gegenwelten
zaubert, hat eine tröstende Funktion für die Hörer angesichts
der oft unerträglichen Härte des Lebens. Das Schöne, Leichte,
Versöhnende muss am Ende des 20. Jahrhunderts einen rechtsmässigen
Ort haben dürfen sowohl in der Kunst wie in die Religion. Der
Einbezug der Popmusik in der Religion als andere Form (ohne dabei
die sogenannte Klassik, Althergebrachtes oderTraditionelles zu
vergessen oder gar zu verteufeln) ist weder grenzt es sich im
Gefolge der Offenbarungstheologie von der religiösen Viellfalt
der möglichen kulturellen Ausdrucksformen in aller Strenge und
mit Konsequenz ab oder es gestattet (und geniesst?) an den Rändern
der Orthodoxie eine experimental-religiöse Kreativität in dem
Wissen, dass die Gemeinschaft der Heiligen unter den Bedingungen
der Gegenwart nur eine Gemeinschaft der Suchenden sein kann.
Sehnsucht nach Erlösung
Hinzu kommt, dass sich religiöse Motive in allen Entwicklungsphasen
der Rock- und Popmusik nachweisen lassen. Die Wurzeln von Rock
und Pop liegen in der afro-amerikanischen Musik. Das zentrale
Thema der Popreligiosität ist denn auch die Sehnsucht nach Erlösung..So
werden am Church Air in Küsnacht auch viele Songs der Interpretinnen
und Interpreten von Liebe, Gerechtigkeit und Toleranz künden.
Die Beziehung zu Gott findet in vielen Texten internatonaler Popstars
- so bei Prince, Peter Gabriel oder (teilweise umstritten und
heftig diskutiert) bei Madonna ihren Niederschlag. Auch der Schweizer
Pascal Camenzind - "Camen" - fragt beispielsweise in einem seiner
Songs Gott, warum "diese eine grosse Liebe nicht sein darf". "Ich
bin sehr gläubig", sagte Camen kürzlich in einem Gespräch im "Tages-Anzeiger".
Der Glaube an Gott - "an irgendeinen, nicht an den in der Kirche"
- helfe ihm, die nötige Geduld in diesem Show-Geschäft aufzubringen...
Man darf gespannt seln
Man darf nun also ehrlich gespannt sein, wie das Wagnis - sprich
Church Air - von der Bevölkerung, von den Küsnachter Familien,
aufgenommen wird. Unabhängig vom Ausgang dieses Experiments muss
man bereits heute den Initianten zu ihrer Spontanität, ihrer Initiative
und nicht zuletzt auch zu ihren Mut gratulieren. Sie gehen einen
neuen Kurs und versuchen damit eine andere Seite im Kreise der
Gemeinde anzusprechen.
(Bernd Beck für die Zürichseezeitung vom 10. Septmber 1998) |